Was kann man gegen Fußballsucht tun?


Vor zwei Monaten habe ich eine Checkliste zum Erkennen von Fußballsucht ins Netz gestellt (Fußballsucht – Bin ich fußballsüchtig?), und bin ehrlich gesagt erstaunt über die rege Teilnahme an dieser Umfrage und auch darüber, dass nur etwa 30% aller Teilnehmer die Antwort geben, dass es keine Fußballsucht gibt.

Frohsinniges Fußball-Fan-Mädchen Deutschland gewidmetBild: Fingerhut (Shutterstock)

Erwartet hatte ich, dass die große Mehrheit der Fußballfans es ablehnen wird, überhaupt zuzugeben, dass es soetwas wie “Fußballsucht” gibt.

Interessant sind ebenfalls die Keywörter, mit denen Leute diesen Artikel in den Suchmaschinen finden. So werden beispielsweise folgende Phrasen eingetippt:

  • anzeichen für fußballsucht
  • sind sie fußballsüchtig?
  • was tun gegen fußballsucht?
  • warum habe ich immer solche schlechte laune wenn mein team verliert?

Letzte Woche hatte ich ein Interview mit Brenda Strohmaier, einer Journalistin der Welt am Sonntag. Sie war dabei, einen Artikel zum Thema Euro 2012 und Fußballfieber zu schreiben. Ihr Freund schaut sich gerade (fast) alle Spiele des Afrika Cups an, weil es derzeit sonst keinen anderen Fußball gibt. Selbst wenn beide ein höchst kompliziertes Ikeakonstrukt zusammenbasteln, schaut er schon mal nebenbei das Achtelfinale vom Africup. Für die Eurospiele hat er bereits angekündigt, dass er da 4 Wochen nicht verfügbar sein wird für irgendwelche familiären oder anderen sozialen Planungen.

In diesem Interview wurde mir auch die Frage gestellt, was man gegen Fußballsucht tun kann… Das ist eine sehr gute Frage, aber leider habe ich nicht wirklich eine Antwort darauf parat.

Was ich denke, ist, dass es schon mal ein gutes Zeichen ist, wenn ein Süchtiger erkennt, dass er/sie süchtig ist. Nur mit dieser Erkenntnis lässt der Süchtige überhaupt den Gedanken zu, dass es vielleicht an der Zeit ist, etwas dagegen zu tun.

Wenn also in der Umfrage 70% aller Teilnehmer keinen Tick bei “Es gibt keine Fußballsucht” setzen, heißt das, dass diese Leute es akzeptieren, dass es soetwas wie Fußballsucht gibt. Ob sie diese bei sich selbst sehen und erkennen, ist natürlich eine ganz andere Frage.

Hat man einmal die Sucht in sich selbst erkannt, dann helfen wahrscheinlich all die Dinge, die auch bei anderen Suchten helfen:

  • Selbsthilfegruppen sollen Wunder tun
  • Psychologische Beratung
  • Prävention, das heißt Aufklärung, bevor es zu spät ist
  • Schaffen von Alternativen, d.h. Entwicklung anderer Interessen und Hobbies

Das Hauptproblem, welches ich sehe, ist, dass Fußballsucht nicht als solche anerkannt ist. Offiziell gibt es keine Fußballsucht. Die Journalistin hat mir erzählt, dass sie niemanden kennt mit ähnlichen Problemen und ich die erste sei. Überhaupt sei der Begriff Fußballwitwe neu für sie.

Aber ist das nicht auch ähnlich, wenn man einen Drogenabhängigen in der Familie hat? Wer redet schon darüber mit Freunden oder Arbeitskollegen? Oder man hat einen Glücksspielabhängigen in der Familie, der sämtliche Konten überzieht und ein Kreditkartenproblem hat. Redet man darüber im Arbeitskreis? Es kann also durchaus sein, dass in einer Gruppe die Hälfte von irgendwelcher Sucht betroffen ist, jedoch niemand voneinander weiß. Denn es ist peinlich. Denn man denkt, dass man der einzige ist. Denn man will die anderen nicht mit eigenen Problemen belasten. Denn es gibt immer die Chance, dass man falsch denkt und Dinge übertreibt.

Familien leiden, Partner tragen sich mit Scheidungsgedanken, oder versuchen, etwas dem Übermaß an Fußballspielen abzugewinnen und setzen sich dann auch noch mit vor die Kiste, in der Hoffnung, dass es irgendwie ansteckt. Vielleicht klappt das ja auch manchmal?

Fakt ist, dass der Fußballsüchtige für fast nichts anderes Interesse hat außer für Fußball, vom Partner erwartet, dass dieser sich genauso stark für das “schönste Spiel der Welt” interessiert, jedoch im Gegenzug sich nicht wirklich für irgendetwas interessiert, was den Partner interessiert.


Last Update: 4 Juni 2012

Kategorien:Erleuchtung Verantwortlich Spielen



3 Responses to “Was kann man gegen Fußballsucht tun?”

  1. 4 Juni 2012 at 12:54 pm #

    Ich liebe Fussball über alles, kann mich aber nicht als süchtiger bezeichnen. Ich glaube, wenn man selber nicht süchtig ist, oder keinen kennt der süchtig nach Fussball ist, kann man es sich schwer vorstellen süchtig danach zu sein.
    Ist es so schlimm bei deinem Mann, Soccerwidow, dass du sagst, dass er in Therapie müsste? Vielleicht könntest ihn ja auch mal um ein Statement hier bitten 😉

    • 4 Juni 2012 at 1:30 pm #

      Selbstverständlich ich mein Mann nicht süchtig. Fußball ist moderner Kampf der Gladiatoren. Es ist doch toll, wenn man diesem schönen Spiel und seinem Team bereits seit 34 Jahren treu geblieben ist. Oder?

      • 4 Juni 2012 at 2:39 pm #

        😀