Ich erhalte oft die Frage, was für einen praktischen Sinn Wettquotenkalkulation macht. Wozu sollte der Wettfreund wissen, wie Wettquoten kalkuliert werden?
Im heutigen Artikel zeige ich daher mal einen (von vielen) Nutzen eigener Kalkulation von Wettquoten auf, welches dem professionellen Trader ein enorm starkes Werkzeug in die Hände gibt:
➯ Die Vorhersage von Quotenbewegungen
Es ist bekannt, dass beim Trading Quotenschwankungen enorm wichtig sind, sonst kann ein Trader keinen Profit generieren.
Jedoch entgegen dem weit verbreiteten Glauben, dass für erfolgreiches Sporttrading es vor allem auf möglichst viele Quotenbewegungen ankommt, kann man erheblich mehr und sicherer einen Profit erzielen, wenn man weiß, in welche Richtung sich eine Quote entwickeln wird.
Fußballspiele vor Spielbeginn haben, außer in ganz seltenen Ausnahmefällen, nur sehr wenig Dynamik in den Quoten stecken. Man sieht da keine großartigen Wettquotenschwankungen in den Tagen vor Spielbeginn.
Was es jedoch beim Fußball gibt, ist, eine starke Tendenz zur Anpassung an die ‚faire‘ Wettquotenspanne in der letzten Stunde vorm Start eines Spiels und damit kann der Trader, der Wettquoten kalkulieren kann, in aller Ruhe und zielgerichtet voraussagen, in welche Richtung sich eine Wettquote entwickeln wird.
(1) Kalkulation der erwarteten Spannweiten
Der Kurs „Die Wissenschaft der Fußballvorhersage“ lehrt mit einer sehr hohen Genauigkeit vorherzusagen, in welcher Spannweite der Starting Price (die Wettquoten kurz vor Anpfiff) zu erwarten ist.
Der Begriff „Starting Price“ kommt übrigens von Pferderennen, bevor die Pferdchen losgallopieren. In Bezug auf Fußballwetten bevorzuge ich es von „Eröffnungsquoten“ zu sprechen, wenn die Buchmacher ihre ersten Wettquoten für ein Spiel veröffentlichen, was Wochen oder gar Monate vor Spielbeginn sein kann, und von „Schlussquoten“, Wettquoten gerade vor Anpfiff des Spiels.
Wir schauen uns nun mal ein Beispiel an, ohne in Wettquotenkalkulation und weitreichende Erklärungen in großer Tiefe einzutauchen.
Wir betrachten als Beispiel das Spiel Werder Bremen gegen Mönchengladbach am 15.10.2017.
Der Kurs kommt mit Kalkulationstabellen, und hier ist ein Screenshot von einer davon, welcher die individuellen Wahrscheinlichkeiten für Heim- und Auswärtsspiele der beiden am Spiel beteiligten Mannschaften zeigt:
Nebenbei bemerkt, die erwarteten Wettquoten kalkulieren sich einfach, indem man die Durchschnittswerte der Heim- und Auswärtsspielwahrscheinlichkeiten bildet und dann die entsprechenden Standardabweichungen hinzuaddiert bzw. subtrahiert. Ein Screenshot dazu kommt gleich.
Jedoch erstmal ein Screenshot mit den Wettquoten 24 Stunden vor Anpfiff an, so dass wir uns anschauen und vergleichen können, wie diese sich (erwartungsgemäß) geändert haben.
(2) Vergleich der erwarteten Spannweiten mit den Marktwettquoten
Der nächste Screenshot zeigt die Kalkulationen einen Tag vor Spielbeginn (wie bereits erwähnt, Durchschnittswerte der Heim- und Auswärtsspielwahrscheinlichkeiten ± Standardabweichungen) und stellt die aktuellen Marktwettquoten den kalkulierten ‚fairen‘ Wettquotenspannen gegenüber.
Ein paar Zellen sind farblich markiert.
Die ‚Unter 2,5 Tore‘ Wette wurde am Tag vorm Spiel zu einer Höchstquote von 2,40 angeboten, was 0,7 ‚Ticks‘ über der ‚von‘ Spannweite lag.
Die ‚Über 2,5 Tore‘, ‚Über 3,5 Tore‘, ‚Über 5,5 Tore‘ und ‚Über 6,5 Tore‘ Wetten lagen allesamt unter der erwarteten Spannweite.
(3) Schlussquoten zum Anpfiff
Vergleiche mal die ‚Unter 2,5 Tore‘ Wettquote vom Tag vor dem Spiel mit der Wettquote kurz vor Anpfiff und vergleiche auch die ‚Über 2,5 Tore‘, ‚Über 3,5 Tore‘, ‚Über 5,5 Tore‘ und ‚Über 6,5 Tore‘ Wettquoten.
In welche Richtung haben sich diese 5 Wettquoten bewegt?
Hast du erkannt, dass alle 5 „Anomalien“ sich vor Anpfiff in Richtung der erwarteten Spannweiten bewegt hatten?
Die ‚Unter 2,5 Tore‘ Wettquote ist gesunken, da diese oberhalb der Spannweite lag. Die ‚Über 2,5 Tore‘, ‚Über 3,5 Tore‘, ‚Über 5,5 Tore‘ und ‚Über 6,5 Tore‘ Wettquoten sind alle gestiegen, da diese alle unterhalb der erwarteten Spannweite lagen.
Wettquotenbewegung innerhalb der letzten 24 Stunden vor Anpfiff
Hier nochmal ein Screenshot, welcher die Wettquoten am Tag vorm Spiel den Wettquoten kurz vor Anpfiff gegenüberstellt:
Die Wettquotenveränderungen waren nicht massiv und in keinem der Fälle haben sie die Mitte der Spannweite (die Nullquote) erreicht oder gar überschritten, aber sie haben sich definitiv in die „richtige“ Richtung bewegt und, außer bei der ‚Unter 2,5 Tore‘ Wette, sind alle anderen Wettquoten in der erwarteten Spannweite (‚faire‘ Quoten) angekommen.
Dies ist so gut wie immer der Fall und ein Trader kann dies ausnutzen – „billig“ kaufen und vor Anpfiff „teurer“ verkaufen, oder umgekehrt.
Für die Zweifler unter den Lesern…
Hier ist ein Spiel, das erst nächstes Wochenende gespielt werden wird: Bayern München vs Augsburg am 18.11.2017
Ich kenne die Ergebnisse noch nicht, aber ich sage guten Gewissens voraus, dass sich die Wettquoten der Unter Tore Wetten kurz vor Anpfiff alle nach unten bewegen werden, und die Wettquoten der Über Tore Wetten nach oben – besonders die Wettquoten Ü/U 2,5, Ü/U 3,5 und höher.
Wieviel genau, steht natürlich in den Sternen und da dies ein Bayern München Spiel ist, ist zu bezweifeln, dass die Quotenkorrekturen auch nur annähernd an die erwarteten ‚fairen‘ Quoten herankommen werden. Aber sie sind so weit „draußen“, dass es da mit Sicherheit im Markt eine Korrektur geben wird.
Bei diesem Spiel wurde bei der Erstquotenveröffentlichung massiv die öffentliche Meinung berücksichtigt.
Trader können dieses Wissen zur Quotenbewegung ausnutzen, indem Sie die erwarteten Spannweiten der ‚fairen‘ Wettquoten ermitteln und entsprechend diesem Wissen ihre Trades ausführen.
Viel Erfolg!
Den Kurse hab ich gekauft, dann muss ich das wohl mit einer anderen Mailadresse gemacht haben, Ligen sind die Standardligen die footballdata so anbietet, also ger, fra, esp, eng, ita, ned, por, etc.
Hallo Kai,
Sorry für die verspätete Antwort, aber da ich ja gerade den OU Kurs update, habe ich mir natürlich auch die Quotenbewegungen angesehen.
Das Beispiel mit dem FC Bayern war natürlich ein Extrembeispiel, mit enormen Marktdruck. Aber auch bei anderen Spielen kommt es enorm darauf an, wie sehr ein Spiel nachgefragt ist, d.h. ob da genug Druck auf die Buchmacher mittels Angebot und Nachfrage ausgeübt wird. Ansonsten gibt es ja für sie keinen Grund, ihre Wettquoten anzupassen. Oder?
Schaue daher mal bitte auf deine Auswertung von ger, fra, esp, eng, ita, ned, por, etc., und nehme da alle Spiele raus, die nur eine geringe Nachfrage hatten. Checke dann bitte wieder, ob du die im Artikel beschriebenen Quotenbewegungen erkennen kannst.
Eine andere Sache ist natürlich auch, dass ich den Kurs über die Bundesliga geschrieben habe und die deutschen Jungs spielen einfach herrlich „statistisch korrekt“. Auf der englischsprachigen Schwesterseite Soccerwidow spezialisiere ich mich auf Beispiele aus der EPL. Zu diesen beiden Ligen kann ich daher oftmals ziemlich sichere Aussagen treffen, bei allen anderen Ligen eher nicht. Außer… dass auch die USA herrlich „statistisch korrekt“ spielen. 😉
Hi,
ich muss leider sagen, dass ich diese Beobachtung überhaupt nicht bestätigen kann. Ich hab ziemlich viele Spiele mit den 5 Jahres Tabellen ausgewertet und die Anzahl der Quoten, die sich Richtung der berechneten Quoten bewegt haben, lagen eher noch bei 50/50 als bei „fast immer“.
Ich denke aber auch nicht, dass ich irgendwas falsch gemacht habe – denn wenn dem so wäre, wäre diese 5 Jahres Tabelle eine Gelddruckmaschine.
Hallo Kai,
Welche Ligen hast du dir denn angesehen?
Da du den Kurs dir ja nie gekauft hast… Bist du dir sicher, dass du die erwarteten Spannweiten korrekt berechnet hast?